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Louise Aston

louise aston *26.11.1814 war eine “wilde chaje“, würde man auf jiddisch sagen, und eine frühe kämpferin für die gleichstellung von mann und frau…
louise, in gröningen an der bode als tochter eines oberpredigers geboren, wurde 17jährig mit einem alten sack verheiratet, gebar drei töchter, provozierte an den orten, in denen sie lebte, als unabhängig denkenke und freiheitsliebende junge frau einige skandale, und flüchtete schließlich nach berlin. sie begann gedichte und romane zu schreiben, bekam durch einen geliebten, den dichter rudolf gottschall, zugang zur berliner linksintellektuellenszene und fand eine geistige heimat bei den junghegelianern. in berlin war sie bald als „mannweib“ verschrien. aston, deren großes vorbild george sand war, hatte sich die haare kurz schneiden lassen, trug hosen, rauchte auf der straße, schrieb erotische gedichte und empfing herrenbesuche – bis empörte bürger sie anonym anzeigten. bei der folgenden polizeilichen untersuchung verkündete sie freimütig, nicht an gott zu glauben, die ehe für ein „unsittliches institut“ zu halten und die frauen emanzipieren zu wollen. noch vor erscheinen ihres ersten gedichtbandes, „wilde rosen“, wurde sie im frühjahr 1846 aus berlin ausgewiesen, begründung: „sowohl für familien als auch für die öffentliche ruhe ist dies weib ein gefährlicher gegenstand.” mit einer streitschrift „meine emancipation, verweisung und rechtfertigung”, die im sommer 1846 in brüssel erschien, wehrte sie sich, formulierte radikale forderungen nach geschlechtergleichheit und dem recht der frau auf die freie entfaltung ihrer persönlichkeit. und verspottete die bigotten denunzianten in gedichten, wie diesem:

entsagen ist der nonne stolz und ruhm, / beglücken ist des weibes heiligthum. / ihr wollt mühsam die ewigkeit ergründen, / mir lächelt sie in jedem augenblick, / ihr wollt das glück in eurer tugend finden, / ich finde meine tugend nur im glück.“



louise aston versuchte sich in hamburg niederzulassen, aber auch dort wollte man sie nicht. im revolutionären märz 1848 schloss sie sich als krankenschwester einem freikorps an, schilderte die berliner barrikadenkämpfe in dem roman “revolution und konterrevolution“, redigierte das revolutionsblatt „der freischärler“, gründete den „club emanzipierter frauen” – und wurde erneut aus berlin ausgewiesen. zu dieser zeit war der politagitator wilhelm held ihr gefährte, aber bald lernte sie den arzt eduard meier kennen, der an der front ein bein verloren hatte und ging mit ihm 1849 nach bremen. als seine verlobung mit ihr bekannt wurde, verweigerte man ihm mit dem hinweis auf seine berüchtigte erwählte den posten des klinikchefs, für den er vorgesehen war. meier wurde als radikaler schließlich selbst verhaftet. erst 1855, nach seiner entlassung aus dem gefängnis heirateten die beiden. sie gingen nach russland und betätigten sich im krimkrieg auf russischer seite als arzt bzw. plegerin. danach begann eine odyssee durch die ukraine, siebenbürgen, ungarn und österreich. erst 20 jahre später, 1871, konnten sie aufgrund einer amnestie nach deutschland zurückkehren. nur wenige monate später starb louise aston mit 57 jahren in wangen im allgäu. auf ihrem grabstein steht: „nach kampf frieden“.

B e r l i n
am Abende des 12. November 1848

Wilde kriegerische Klänge
Tönen in die Nacht hinaus,
Schweigend harrt des Volkes Menge
Vor dem königlichen Haus;
Manches Auge blitzt in Thränen,
Manche Faust ist wuthgeballt;
Ob der frevelnden Gewalt
Knirschen Kinder mit den Zähnen.
Glimm′! o glimm,
Heiliger Grimm!
Bleiches Mondlicht strahlt hernieder
Auf die haßentbrannte Welt; –
′s ist derselbe Mond, ihr Brüder,
Der die Märznacht einst erhellt;
Kommt es heut zum Kugelregen:
Hält der Tod sein Sichelfest,
Und dem letzten Überrest
Gibt das Fallbeil seinen Segen. –
Noch ist von Groll
Das Maaß nicht voll. –
Erst des Landes Stimme hören
Will der friedliche Convent;
Bald wird sich das Land empören
Gegen Wrangels Regiment;
Drum voran mit edlem Stolze,
Bannerträger in Berlin!
Mag der Thron in Flammen glühn!
Denn er ist von faulem Holze.
Freiheit und Glück
Gibt Republik!

A n  G e o r g e  S a n d
O naht mit Lorbeerkränzen, naht mit Palmen!
Der Freiheit Majestät ist neu erwacht;
Ein Evangelium kam über Nacht,
Herniederrauschend in Gewitterpsalmen;
Und was vom alten Wahn umnachtet
Nach Rettung und Erlösung schmachtet:
Das eile zu des neuen Geistes Fahnen!
Das streu ihm Blumen auf die Siegerbahnen!
Nicht Jeanne d′Arc mit Frankreichs Heldensöhnen
Hat sich dem neuen, heil′gen Kampf geweiht;
Nicht Königen, nicht Völkern gilt der Streit:
Den freien Menschen gilt es jetzt zu krönen!
Nicht winkt der Andacht Lebenssonne,
Das Bild der himmlischen Madonne;
Ein andres Bild wird schützend uns umschweben,
Aus andern Zügen spricht ein andres Leben.
Mag jener Traum die Träumenden beglücken;
Längst schwand dahin der Heil′gen Wundermacht.
Es ziehn die Irdischen zur Freiheitsschlacht,
Es gilt des Geistes machtvoll Schwert zu zücken!
Empor, aus trauriger Betörung!
Empor, in heiliger Empörung!
Ein Heldenweib, mit flammenden Panieren,
Wird euch zum Sieg, wird euch zur Freiheit führen!
Auf ihren Bannern glänzt im Morgenlichte
Das freie Weib, das keinem fremden Wahn,
Das nur dem eignen Geiste untertan,
Dem Losungswort der neuen Weltgeschichte!
Das freie Weib, es schmückt die Fahne!
Von Sünden frei, weil frei vom Wahne,
Dem Vater Wahn mit seiner Tochter Sünde,
Dem blöden Vater mit dem blöden Kinde.
Doch all der Kampf, der in der Brust der Frauen
So schmerzensreich, doch zukunftsvoll, sich regt,
Der schon im Schoß ein schönres Leben trägt,
Das wir nur ahnen, nur prophetisch schauen: –
Du zaubertest sein mächtig Walten
In lebenskräftige Gestalten!
Den Kampf der Zeit in ihren echten Töchtern
Vermachtest du den spätesten Geschlechtern!
Du heiligtest mein Sinnen und mein Trachten,
Du gabst mir Mut in einsam herber Qual;
Berührt von deines Geistes Zauberstrahl,
Kann kühner ich der Menge Spott verachten:
Mag sie vor goldnen Kälbern beten,
Und frevelnd lästern die Propheten;
Ich steh bei dir, verhüllt vor ihren Blicken,
Auf freien Höh′n in heiligem Entzücken!

werke von louise aston online: http://www.zeno.org/Literatur/M/Aston,+Louise

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