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Miau Mummies

die engländer haben 1890 dreihunderttausend katzenmumien von alexandria nach liverpool verschifft, für 18 pfund pro tonne versteigert und zu dünger verarbeitet – hab ich neulich in einer doku aufgeschnappt und mich gefragt, was die ollen ägypter mit so vielen katzen getrieben haben…also: 4000 jahre alte pyramideninschriften und mumienfunde belegen, dass die katze schon im alten reich im nildelta eine rolle spielte und (anfänglich „miu“, später „mau“ genannt) eine karriere von der profanen mäusebekämpferin über die hauskatze zum geheiligten tier gemacht hat. sie war auch das einzige viech, das in ägypten dauerhaft domestiziert wurde.

man schrieb ihr gute wie böse zauberkräfte zu (zb. brachte es unglück, ohne schiffskatze an bord in see zu stechen), die zur eine vergötterung ungeheuren ausmaßes führte. die alten ägypter glaubten, dass sich götter in tiere verwandeln, aber auch, dass menschen nach ihrem tod als tiere ins diesseits zurückkehren. der grieche herodot, der sich in der antike als reporter betätigte, machte sich schon im 5. jh. v.u.Z. in einem reisebericht darüber lustig, dass es in ägypten mehr „götter” als menschen gäbe.zunächst löste die katze den löwen als tempelwächter ab, weil sie quasi sein verkleinertes abbild, aber wesentlich leichter zu halten und ungefährlicher im umgang war. später stieg sie zum totemtier der göttin bast, tochter des sonnengottes ra, auf. der pharao vereinte sich in prozessionen und festzyklen mit ihr und anderen hochgöttern, um auf erden als deren sohn legitimiert zu sein.

bast war die göttin des mondes, des lichts in der dunkelheit, und das symbol des kindersegens. sie versinnbildlichte die eigenschaften der katze: ihre fähigkeit, besser als andere lebewesen im dunkeln zu sehen, ihre große fruchtbarkeit und die leichtigkeit, mit der sie ihre jungen zur welt bringt. einmal im jahr gipfelte die verehrung in einem großen volksfest in bubastis, dem „haus der bast“. bei den heiligen katzen unterschied man in tempeltiere, artgenossen und fetischtiere. tempeltiere waren die, die bis zu ihrem tod ausschließlich im tempel untergebracht waren und dort eine gottheit verkörperten. in jedem tempel lebte nur ein solches tier. es hatte seine eigenen katzenpriester, deren hauptsächliche aufgabe darin bestand, für sein wohlergehen zu sorgen. das amt war hoch angesehen und wurde weitervererbt. tempelkatzen wurden gesalbt, mit wohlriechenden essenzen besprüht und mit den besten speisen gemästet. nach dem tod eines tempeltieres und 70 tagen trauer wurde ein neues erwählt und feierlich eingeweiht.

das töten von tempeltieren kam dem töten einer gottheit gleich. die zweite kategorie, die artgenossen, galten nicht als götter, wohl aber als lieblinge des im tempeltier symbolisierten gottes und waren damit ebenso heilig und unverletzlich. die fetischtiere wiederum waren exemplare, die in privathäusern gehalten wurden. mit ihnen wollte man sich dem vergestalteten gott gefällig erweisen und seine gunst gewinnen; starb der besitzer, wurde auch die katze getötet und einbalsamiert seinem grab beigegeben, schließlich glaubte man an die wiederbelebung und der hausherr sollte mit seinem lieblingstier vor dem gott erscheinen.ab etwa 660 v.u.z. wurden die durchorganisierten katzenaufzuchtstätten schließlich an die großen landestempel angegliedert und damit die lieferung von opfer- und ritualtieren sowie mumien gesichert. zu guter letzt bevölkerten die katzen ganz ägypten, weil ihnen niemand ein haar zu krümmen wagte.

wer eine katze tötete, sei es auch nur versehentlich, wurde ohne urteil mit dem tod bestraft. heredot berichtet: starb eine katze, rasierten sich alle angehörigen des haushaltes die augenbrauen ab und trugen trauer. unter klageliedern wurde der einbalsamierte leichnam zum katzenfriedhof gebracht, selbst wenn die oft lange reise dorthin die familien finanziell ruinierte. in bubastis fanden alljährlich prunkvolle begräbnisfeiern statt, an den mehrere tausend katzenpriester und bis zu 700000 menschen teilnahmen. bislang hat man in ägypten 130 tierfriedhöfe lokalisiert (und natürlich wurden auch andere tiere mumifiziert, zb. mungos, die als vertilger von schlangen geschätzt waren, hunde, die dem gott anubis, dem schutzherren der gräber geweiht waren, oder auch schafe, affen, rinder, krokodile, gazellen, schlangen, käfer und unzählige vogel- und fischarten). wegen der millionen aufgefundenen katzenmumien haben die forscher früher angenommen, die tiere wären weit weniger sorgsam als menschen konserviert worden. untersuchungen mit modernen methoden zeigen aber, dass das verfahren in einigen dynastien und bei heiligen katzen ähnlich komplex wie bei menschen war. schon der griechische historiker herodot hat drei verfahren beschrieben, je nach “stellung” der katze.

die oberste stufe beinhaltete das komplette ausweiden des körpers, das dörren der organe, das bandagieren des körpers und die einbalsamierung mit bienenwachs, tierischen und pflanzlichen fetten, ölen und harzen.das mumifizieren selbst wurde nur von wenigen profis hinter verschlossenen türen betrieben. und da es ein lohnendes geschäft war, katzenmumien als opfergaben an die bevölkerung zu verkaufen, wurde auch damals schon reichlich getrickst. im inneren vieler fundstücken haben archäologen nur einzelne knochen oder sogar stöcke entdeckt oder katzen, denen man das genick gebrochen hatte.von den eingangs erwähnten 300.000 katzenmumien ist übrigens nur ein einziger schädel übrig geblieben. er ist im britischen museum ausgestellt.

Cover Image: British museum, Egypt mummies of animals